Vorsprung durch Low-Tech? (Oldtimer-Blogartikel du 14.02.2023) | (service auto)

Procon-Ten. Ein solcher Produktname hätte heutzutage keine Chance, lebend aus einem Marketing-Meeting herauszukommen.

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« Contraction et tension programmées » war die ausgeschriebene Bezeichnung für ein System, das die passive Sicherheit im Falle eines Frontalaufpralls erhöhen sollte. So trocken und „ingeniös“ wie diese Wortschöpfung daherkommt, lässt sich ihr Ursprung leicht nach Ingolstadt verorten.

Audi
war in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf dem Weg zu einem Premium-Hersteller und dabei stark ingenieurgetrieben – im Wortsinne. Der Führungsstil des damaligen Technik-Vorstands Ferdinand Piëch soll von der Road & Track einmal als „very eins-zwei, eins-zwei“ bezeichnet worden sein.

Piëch galt nie als Freund vieler Worte. Was von ihm überliefert ist, ist dafür umso pointierter. Seine Antipathie gegenüber den damals noch gar nicht solange serienreifen Airbags verdeutlichte er damit, dass er es gar nicht schätze, wenn eine Sprengladung auf sein Gesicht gerichtet sei.

Die Alternative zum Airbag, die Audi Ende der 80er als Procon-Ten zunächst im Audi 80 et Audi 100 auf den Markt brachte, war denn auch frei von Pyrotechnik und vergleichsweise simpel aufgebaut. Das System funktionierte mit Stahlseilen, die an Motorblock, Pedalerie, Lenksäule und den Sicherheitsgurten befestigt waren. Beim Frontalaufprall wird der Motorblock in Richtung Fahrgastzelle verschoben. Durch diese Relativbewegung ziehen die Stahlseile Pedalerie und Lenkrad vom Fahrer weg und straffen die Sicherheitsgurte.

In einem groß angelegten Crash-Test der auto motor und sport von 1990 funktionierte das System ziemlich gut. Neun Fahrzeuge der oberen Mittelklasse wurden mit 55 km/h gegen einen Betonblock gecrasht. Keines der Fahrzeuge war mit einem Airbag ausgestattet. Bei einigen Kandidaten wäre es, bei einem echten Unfall, zu schwersten, wahrscheinlich gar tödlichen, Verletzungen gekommen. Der Audi 100 (C4) schnitt mit am besten ab, dank der soliden Karosseriestruktur und Procon-Ten.
Durchgesetzt hat es sich trotzdem nicht. Ob es am spröden Namen lag oder daran, dass sich ein Sicherheitsfeature, das genauso unsichtbar wie erklärungsbedürftig war, allgemein schlecht verkaufte, lässt sich kaum noch klären. An dem genialen Audi-Video mit der Büroklammer und der Streichholzschachtel kann es nicht gelegen haben.

Unbestreitbar hat der erwähnte Crash-Test Autohersteller und Öffentlichkeit für das Thema passive Sicherheit sensibilisiert und war mit ein Auslöser, binnen weniger Jahre Airbags zur Serienausstattung zu machen, den Bedenken von Herrn Piëch zum Trotz. Damit hatte sich Procon-Ten endgültig erledigt und ist heute nur noch eine interessante Randnotiz zur Entwicklung passiver Sicherheit im Automobilbau.

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